Eingereichter Artikel zur AStA-Zeitung

Diskussionen über ein hochschul- oder allgemeinpolitisches Mandat reichen bis in die sechziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts zurück. Die Mitgliedschaft in der Verfassten Studierendenschaft ist für Studenten an hessischen Hochschulen verpflichtend. Da die Möglichkeit des Austritts aus der Studierendenschaft im Hessischen Hochschulgesetz im Gegensatz zu den Hochschulgesetzen der Länder Sachsen-Anhalt (§ 65 Abs. 3) und Sachsen (§ 24 Abs. 3) nicht vorgesehen ist, handelt es sich um eine Pflichtmitgliedschaft.
Der AStA wird vom Studierendenparlament gewählt, das wiederum durch die Studenten zuletzt mit einer Wahlbeteiligung von 11,77 % [1] gewählt wurde.

Die Pflichtmitgliedschaft einerseits und die geringe Legitimation aufgrund einer anhaltend geringen studentischen Wahlbeteiligung andererseits führen unweigerlich zu der Erkenntnis, dass der AStA, wenn auch die Mehrheiten für eine klar linke Mehrheit im Studierendenparlament gegeben seien mögen, bei seiner Außendarstellung und Kommunikation auf hochschulpolitische Themen achten muss. Das Hessische Hochschulgesetz benennt in § 77 die Aufgaben der Studierendenschaft. Diese sind laut Absatz 2 des vorher genannten Paragraphen unter anderem die (1.) Vertretung der Gesamtheit der Mitglieder im Rahmen ihrer gesetzlichen Befugnisse, (2.) die Wahrnehmung der hochschulpolitischen Belange ihrer Mitglieder und (5.) die Förderung der politischen Bildung und des Staatsbürgerlichen Verantwortungsbewusstseins der Studierenden.

In einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts aus dem Jahre 1979 heißt es auch „Aus Art. 2 Abs. 1 GG ergebe sich, daß öffentlich-rechtliche Verbände mit Zwangsmitgliedschaft nur gegründet werden dürften, um solche legitimen öffentlichen Aufgaben zu erfüllen, die ebensogut von öffentlich-rechtlichen Anstalten und Körperschaften statt von staatlichen Behörden wahrgenommen werden könnten. Hierzu zähle nicht die Ausübung eines allgemein-politischen Mandats.“ [2] Somit habe zwar eine Person, nicht aber die Körperschaft ein Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit. § 77 II 5 HHG lässt zudem kein Recht auf allgemeinpolitische Erklärungen zu.

Der AStA fordert nun nach angenommener Resolution das allgemeinpolitische Mandat gesetzlich zu verankern. Das bringt mehrere Probleme mit sich. Vor allem ist die niedrige Wahlbeteiligung ein Problem für die demokratische Legitimation, eine Verbesserung ist aber in Zukunft nicht in Sicht, auch nachdem sich das Studierendenparlament zuletzt gegen die Durchführung von digitalen Wahlen ausgesprochen hat. Dieser Beschluss wundert umso mehr, nachdem Präsenzwahlen mit hohen Corona-Fallzahlen nicht vereinbar sind. Es ist zu erwarten, dass die Wahlbeteiligung sinken wird, wenn die Wahl weder als Urnenwahl noch als digitales Format stattfinden wird, sondern nur als Briefwahl. Es ist dann noch einmal schwieriger zu belegen, dass der AStA mit seinen Entscheidungen die Gesamtheit der Studenten vertritt – selbst, wenn das Studierendenparlament etwas einstimmig beschließt. Weiter stellt der AStA nach außen hin eine Interessenvertretung dar. Diese kann sie effektiv vertreten, wenn sie sich auf ein Kompetenzgebiet bezieht und nicht Äußerungen ins breite Spektrum streut. Der AStA entwertet so seine Aussagen und Forderungen gegenüber dem Gesetzgeber und anderen Ansprechpartnern.

Ebenso wie ein Gemeinderat oder ein Landtagsabgeordneter muss sich der AStA auf die ihm zugewiesenen Kompetenzen beschränken. Volksvertreter, ganz gleich welcher Ebene, sind immer ihrem Wähler verpflichtet und dementsprechend auch diesem gegenüber verantwortlich. So sind Mitglieder des AStA dem Studierendenparlament verpflichtet, welches wie bereits erwähnt, von der Studentenschaft gewählt wird.

Wir stellen nicht in Frage, dass das allgemeine politische Umfeld die Hochschulpolitik beeinflusst, jedoch ist dies, um beim gleichen Bild zu bleiben, beim Gemeinderat und der Landespolitik ebenfalls der Fall. Im Rahmen der Universität steht der Studentenschaft unzweifelhaft eine Interessenvertretung zu, die auch über die Fachschaftsräte, die Mitbestimmung in den Fachbereichsräten, dem aktiven und passiven Wahlrecht zum Studierendenparlament sowie zum Senat zur Verfügung steht.

Allerdings ist die Studentenschaft nur ein Teil der Gesellschaft und kann nicht innerhalb ihrer gewählten Gremien allgemeinpolitische Entscheidungen fordern, die sie mangels gesetzlicher Kompetenz nicht umsetzen kann. Deutschland ist eine plurale und lebendige Demokratie mit vielen Parteien, in denen man sich engagieren kann und für seine politischen Ansichten eintreten kann. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit neue Parteien zu gründen und mit diesen zu Wahlen anzutreten, falls das derzeitige politische Angebot nicht zusagen sollte. Daher sollten Vertreter der Hochschulpolitik, die allgemeinpolitische Ziele verfolgen, zu Wahlen antreten, bei denen es als gewählter Abgeordneter dann auch möglich ist, seine Forderungen mit den dafür zur Verfügung stehenden Haushaltsmitteln umzusetzen. Alles andere wäre unseriös.

  • Oliver Palkowski, Lance Neidig

[1] https://asta-frankfurt.de/sites/default/files/dateien/wahlergebnisse-2020/stupafsrlnetzwahlen2020pdf.pdf?fbclid=IwAR12NfxgFOuQQyAgtRJfEIPZAkgSEvZXP5DuU3MbDnz0F5FBsO5l6leiWpg

[2] https://research.wolterskluwer-online.de/document/1bf8e33a-0dbd-470c-bbf6-1879c2afaad4?fbclid=IwAR0bJOaLn1rYOJE0oNYpwZ5CSuncqTiXIEwRGYprCsodCrePV16TNyAHX9s

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